Archiv der Kategorie: Tragödie

HAGEN VON TRONJE – Nibelungen für Profis

Buch & Regie: Cyrill Boss, Philipp Stennert

Besetzung: Gijs Naber, Jannis Niewöhner, Lilja van der Zwaag, Rosalinde Mynster

Erscheinungsdatum: 17.10.2024

Trailer: (168) Hagen – Im Tal der Nibelungen I Offizieller Trailer – YouTube

HAGEN VON TRONJE ist der Waffenmeister am Königshof der Burgunder. König Dankrat holte ihn einst als Waisenknaben nach Worms, nachdem Hagens Familie von „alten Wesen” ausgelöscht wurde, und ließ den außergewöhnlich tapferen Jungen zum Soldaten ausbilden. Tiefe Narben auf seinem Rücken zeugen von den vielen Schlachten, die er schon siegreich geschlagen hat. Es ist Hagens größtes Anliegen, den König und dessen Familie zu beschützen. Doch seine Aufopferung hat ihren Preis: Er stellt seine eigenen Bedürfnisse und Gefühle hinter die des Königs. Hagens tief empfundene, aber geheime Liebe zur Königstochter Kriemhild muss ewig unerfüllt bleiben. Als König Dankrat ermordet wird, wechselt Hagens Loyalität zu dessen unerfahrenem Sohn Gunter – ausgerechnet zu einer Zeit, als Burgund von benachbarten Königreichen und deren Verbündeten bedroht wird. Doch auch innerhalb der Wormser Festungsmauern sorgt ein unerwarteter Gast für Unruhe – Siegfried von Xanten.

Soweit die Grundlagen der Geschichte. Die Nibelungensage wurde aber rund um Hagen von Tronje von Wolfgang Hohlbein 1984 in seinem Roman umgeschrieben. Das Ergebnis waren eine weit tiefere und vielschichtigere Erzählung. Die Protagonisten sind hier viel mehr Gefangene Ihrer eigenen Rollen als wahre Protagonisten. Dies fingen die beiden Regisseure und Autoren Cyrill Boss und Philipp Stennert auf und verwandelten es in einen bildgewaltigen Film.

Außer Jannis Niewöhner trifft man bei der Besetzung auch auf wenige in Deutschland bekannte Gesichter. Viele kommen aus dem nordischen Raum und geben den Figuren eine besondere Andersartigkeit. Diese Fremdartigkeit zeigt sich vor allem in der Darstellung der Wallküren. Mächtig, gefährlich und mystisch sind diese Wesen und scheinen doch so menschlich auf Ihre Art. Das schafft einen erzählerischen Rahmen, der in sorgsam ausgewählten Landschaften und Bauten spielt. So sind die Handelnden immer auch der Natur, dem Schein und den Erwartungen ausgesetzt.

Schnelle und gehetzte Erzählabschnitte wechseln sich ab mit langsamen Szenen der Charakterentwicklung. Das schafft einerseits Tiefe und andererseits schnelle Spannungsmomente. Jede der Figuren bietet dem Zusehenden eine Identifikation und so leidet man mit seinen HeldInnen mit. Es sind auch viele starke Frauen, welche in diesem Film viel stärker sind als in der eigentlichen Heldensaga. Das ist ein überfälliger Ausgleich, der die weiblichen Protagonisten Ihrer Unmündigkeit enthebt. Wer sich schon immer über die Vereinfachungen der ursprünglichen Nibelungensaga echauffiert hat für den ist dieser Film Labsal auf das Gemüt.

The Dead Don’t Hurt – Eine Zeit ohne Schmerzen

Regie, Darsteller: Viggo Mortensen

Besetzung: Vicky Krieps, Viggo Mortensen, Danny Huston, Garret Dillahunt und Roy McKinnon

Erscheinungsdatum: 08.08.2024

Trailer: https://youtu.be/Xgv25Ni_jv0?feature=shared

Es ist ein ungewöhnlicher Anfang, der sofort eine veränderte Art der Wahrnehmung hervorruft. Stille und eine sterbende Frau mittleren Alters. Diese lange Kamerafahrt bringt den Zuschauer sanft in den Film, in diese harte Welt, in diese Zeit und in diese Ruhe des Todes. Nicht ohne dies in der nächsten Szene sofort radikal zu konterkarieren.

Die Geschichten werden vom Ende her erzählt, ohne dabei die Spannung oder die Neugier zu nehmen. Lange Teilerzählungen werden uns klar oder mit vielen Anspielungen präsentiert und ergeben ein immer klareres Puzzle. Wir erkennen Zusammenhänge so wie sie auch die Protagonisten und Antagonisten erkennen.

Trotzdem laueren einige Wendungen, Überraschungen und auch Teil von Hoffnung in dieser teils trostlosen und teils wunderschönen Welt der Zeit in Amerika rund um den Bürgerkrieg. Es ist ganz klar ein Film von Viggo Mortensen, welcher auch als Schauspieler den Zuschauer an die Hand nimmt. So trägt er die Stimmung in seinen Blicken und wenigen aber faszinierenden Aktionen. Es ist ein bewusster Film, der die Konsequenzen des eigenen Handels extrem klar darstellt.

„The Dead Don’t Hurt“ ist wieder mal ein Western, der das verschobenen frühere Bild der Western klar rückt und uns diese Welt näherbringt. Teilweise möchte man dort sein und teilweise weit weg davon. Das sind eben die 2 Seiten der Geschichte und diese Ambivalenz nehmen wir mit in unseren Alltag.

Challengers – Rivalen: Eine Liebeserklärung an das Tennis

Regie: Luca Guadagnino

Besetzung: Zendaya, Mike Faist, Josh O’Connor

Erscheinungsdatum: 25.04.2024

Trailer: (31) CHALLENGERS – RIVALEN Trailer #2 Deutsch German (2024) – YouTube

„Challengers – Rivalen“ ist ein Film, der den Dingen auf den Grund geht. In vielen Rückblenden baut er die Beziehung und Geschichten der 3 Charaktere auf. Denn neben den beiden Tennis-Rivalen Art und Patrick ist die angehende Profi-Tennisspielerin Tashi der Nährboden für die Eskalation der Rivalität. Sie ist der Zündstoff dieses Films. Mit 132 Minuten hat „Challengers – Rivalen“ Überlänge und diese Zeit nutzt er um uns als Zuschauer in die Realität der Tennisprofis zu locken. Dass hierbei scheinbare Längen entstehen ist gewollt und so geraten wir immer tiefer in den Strudel des Profisports.

Es ist eine sehr komplexe Dreiecksbeziehung, die man in vielen Facetten miterleben darf. Große Erfolge und Schicksalsschläge geben sich hier die Klinke in die Hand und setzen den Nährboden für ein doch auch zu Teilen sehr alltägliches Leben. Der Spagat zwischen diesen beiden Polen ist für alle drei ein ständiger Konflikt.

Eine lange Erzählung macht immer dann Sinn, wenn am Ende alles ineinanderläuft und im besten Fall noch zu einem fantastischen Finale führt. Darum geht es ja im Sport generell und im Tennis im Speziellen. Um ein spannendes und hitziges Finale. In „Challengers – Rivalen“ kommt man dabei voll auf seine Kosten. Nicht nur inhaltlich steigert der Film am Ende sein Tempo radikal, sondern auch filmtechnisch. Komplette Wechsel in neue ungewohnte Perspektiven, schnelle Schnitte und Zeitlupen wechseln stetig. Dieser Zauberwirbel bildet den Höhepunkt in allen Aspekten und man versteht den langen und intensiven Aufbau.

Am Ende verlässt man den Film wie nach einem großartigem Tennismatch. Leicht aufgedreht, inspiriert und mit dem Gefühl an etwas Großartigem teilgenommen zu haben. Das ist Tennis, das ist Kino und das ist in diesem Film die perfekte Mischung. Der Regisseur Luca Guadagnino hat uns ja schon oft in seine Geschichtswelten gelockt, aber in diesem Film hat er es auf die Spitze getrieben. Italiener sind eben einfach unschlagbar in Ihrer Tragik. Bravissimo Maestro.