Das Leuchten der Erinnerung – Emotionale harte Arbeit für einen bedeutenden Endpunkt

Regie: Paolo Virzì
Darsteller: Helen Mirren, Donald Sutherland, Christian McKay, Janel Moloney, Dana Ivey
Land: USA/Italien
Kinostart: 04.01.2018

 

„Das Leuchten der Erinnerung“ ist kein Blockbuster-Film im klassischem Sinne. Er ist Arbeit für den Zuschauer, der diese Reise mit allen Tiefen und Höhen miterlebt. Dabei wird viel geboten, aber keine Ablenkung. Die Ursache ist das authentische Können der Schauspieler und der wertbetonte Umgang des Regisseurs Paolo Virzi mit seinen Figuren. Er hat nicht nur die Romanvorlage unter Vielen herausgesucht, sondern auch die Figuren so verändert, dass der Film frei von Kitsch und herkömmlichen Ansätzen ist. Lassen wir ihn kurz selbst zu Wort kommen um dies aus seiner Sicht zu zeigen:

Die Arbeit mit einer grandiosen Schauspielerin wie Helen Mirren und einer echten Legende wie Donald Sutherland war nicht nur elektrisierend, sie war auch äußerst lehrreich. Es faszinierte mich, sie zusammen spielen zu sehen – er ist würdevoll, aber gleichzeitig amüsant und immer für eine Überraschung gut; sie ist schlagfertig, weise, witzig, und zeigt dann plötzlich Wut oder Schmerz. Oft fiel es mir tatsächlich schwer, am Ende einer Szene „cut!“ zu rufen, so sehr genoss ich es, mit zwei Schauspielern zu arbeiten, die mich begeistern und bewegen. Diese beiden waren vielleicht der beste Grund, nach Amerika zu fahren, um dort einen Film zu drehen – wenigstens einmal in meiner Geschichte als italienischer Regisseur, oder besser, als Regisseur aus Livorno.

Dieses Zitat bringt mich auch gleich zum Kern des Films. Der Verbindung von Helen Mirren und Donald Sutherland. Sie sind zu 90% im Film vertreten und der geneigte Zuschauer genießt die Zeit mit Ihnen. Vor allem, weil er fühlt, dass sie sowohl in der Geschichte der Figuren im Film, als auch im Schaffen der Schauspieler selbst endlich ist. Hellen Mirren wurde am Set „The Queen“ genannt. Das ist einerseits der Respekt vor einer großen Schauspielerin und benennt andererseits ihren theatergeprägten Shakespeare-Ansatz. Dazu hatte Hellen Mirren die Queen selbst auch schon in anderen Filmen perfekt dargestellt.

Ihr Partner Donald Sutherland steht Ihr hier in menschlichen Werten nicht nach, wählt aber den Ansatz des Method Acting. Er war auch nach den Drehs noch weiterhin die Filmfigur und bestand sogar darauf das Wohnmobil von einem Set zum anderen zu fahren. Während des Films kann man sich gegen einen Eindruck nicht erwehren, der aber aus einer ganz anderen Richtung kommt. Donald Sutherland hat in etlichen Szenen Ähnlichkeit zur Dieter Hallervorden, der ja auch schon das gleiche Thema dargestellt hat. Dies soll nun nicht heißen, dass beide zu vergleichen sind, aber Ihre grundsätzlichen Ansätze sind vergleichbar. Beide leben die Figur von Innen und identifizieren sich mit ihr.

Nachdem der Zuschauer die lange Reise, welche sowohl emotional als auch physikalisch weit ist, beendet hat, wartet auf ihn ein Ende, welches das Gesehene noch verstärkt und mit dem man nicht rechnen kann. Für Blockbuster-Publikum ist der Film zwar ein sicherer Zeitverlust, aber für alle Anderen ist es eine Möglichkeit viel fürs eigene Leben mitzunehmen.

Wertungen für „Das Leuchten der Erinnerung“

  • 0 von 10 hotcritics-chillis (Blockbuster-Publikum)
  • 10 von 10 hotcritics-chillis (ArtHouse-Publikum)

Autor: Tom Trentinaglia von Telvenburg

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Mord im Orientexpress – Verletzliche Arroganz

Regie: Kenneth Branagh
Darsteller: Kenneth Branagh, Olivia Colman, Penelope Cruz, Willem Dafoe, Johnny Depp, Judi Dench, Michelle Pfeiffer, Daisy Ridley
Land: GB
Kinostart: 09.11.2017

Die Frage liegt auf der Hand: Wieso soll man einen so bekannten Klassiker neu in Szene setzen? Ist es nur die Frage nach einem sicheren Kassenerfolg? Wieso muss man alle Rollen hochkarätig besetzen? Diese und andere Fragen gehen einem durch den Kopf, wenn man sich diesen Film ansehen will. Die Antwort erkennt man am Ende des Films, wenn sich die Erkenntnis durchsetzt, dass es – trotz der gleichen Geschichte doch ein ganz anderer Film wurde.

Wobei es am Ende schwer ist zu sagen, was wirklich anders ist. Einerseits alles und andererseits nur wenig. Aber genau das genügt um den Zuschauer von Anfang bis Ende zu fesseln. Zugegeben, es hilft, wenn man sich nach so vielen Jahren nicht mehr ganz an die Originalgeschichte erinnert, aber schon nach wenigen Minuten sucht man gar nicht mehr nach ihr. Dabei helfen auch die fantastischen filmischen Elemente, welche vor allem in den Landschaftsaufnahmen atemberaubend sind. So fährt der Kinobesucher selbst im Orientexpress und ist als stummer Teilnehmer im Zug dabei.

Jedes Detail der langen Fahrt bleibt im Kopf und macht Lust auf das Abenteuer des Orientexpresses. Wie mag wohl eine Fahrt damals gewesen sein und wieviele Schicksale wurden hier transportiert. Beim Film „Mord im Orientexpress“ sind es etliche und man kann darf hier keinen Schauspieler hervorheben. Alle haben Ihre Starallüren zu Hause gelassen und dienen nur der perfekten Umsetzung eines Klassikers. Das ist äußerst sehenswert.

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